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Die Bundestagsabgeordnete Chantal Kopf besucht den Kreisverband der GRÜNEN Rastatt – Baden-Baden

Gut besucht war mit etwa 50 Teilnehmenden, darunter Hans-Peter Behrens und Thomas Hentschel, die beiden Landtagsabgeordneten des Kreises, die Mitgliederversammlung der GRÜNEN am 4. November 2022 im Rantastic in Haueneberstein. Das lag nicht zuletzt an Chantal Kopf. Die Freiburgerin ist Verbindungsabgeordnete des Kreisverbands Rastatt – Baden-Baden und mit 27 Jahren eine der jüngsten Bundestagsabgeordneten.

Chantal Kopf ist in Baden-Baden aufgewachsen und der Gegend immer noch verbunden. Sie ist seit 2021 im Bundestag und dort vor allem für Europapolitik zuständig. In ihrem kurzen Vortrag betonte sie sehr anschaulich, dass der Zusammenhalt Europas durch den Angriff auf die Ukraine noch wichtiger wurde. „Putin zeigt mit Worten und Taten, dass er nicht an Verhandlungen interessiert ist. Dass manche von Frau Baerbock nun diplomatische Lösungen fordern finde ich zynisch. Die Ukraine braucht unsere militärische Unterstützung, und ich hoffe, dass wir künftig schneller und klarer agieren können.“, so Kopf zum Thema Waffenlieferungen.

Die nationalistischen Strömungen in der EU seien gefährlich. Die EU müsse ihre eigenen, sozialen Werte ernstnehmen, um das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger Europas zu stärken. Das gelte auch nach innen; hier nannte sie als Beispiel die geplanten Sanktionen gegen Ungarn, an deren Vorbereitung sie mitarbeite. Ein Hindernis seien die nationalen Vetos, die aufgrund des Einstimmigkeitsprinzips alle Entscheidungen aushebeln könnten. Die GRÜNEN setzten sich deshalb für das Mehrheitsprinzip in der EU ein – ein hochspannender Prozess, wie Kopf betonte.

Ein weiterer Themenkomplex sei die Energiesouveränität Europas. Für den Aufbau der nötigen Energie-Infrastruktur müsse man im Sinn einer „großen europäischen Gemeinschaft“ auch Länder wie Großbritannien, die Schweiz und die EU-Beitrittskandidaten mit einbeziehen. Auf vielen Gebieten müsse auch Deutschland noch europäischer denken und handeln. Ein Feld sei die Chinapolitik – siehe Beteiligung Chinas am Terminal des Hamburger Hafen, hinter der eine klare Strategie Chinas stecke. Auch beim „Doppel-Wumms“ der Ampelkoalition wäre es sinnvoll gewesen, sich von Anfang an innerhalb der EU abzustimmen.

Die Sozialpolitik liegt der GRÜNEN-Abgeordneten sehr am Herzen. Härten aufgrund des Ukrainekriegs müssten abgefedert werden, um die Gesellschaft nicht zu spalten. So habe die Ampelkoalition die größte Wohngeldreform in der Geschichte Deutschlands auf den Weg gebracht, darüber hinaus das 59-Euro-Ticket und Entlastungen bei den Energiepreisen. „Wir dürfen jedoch nicht in erster Linie fossile Energien fördern, denn das schafft neue Abhängigkeiten. Erneuerbare Energien sind Freiheitsenergien.“, so Kopf. Hier sei Deutschland viel zu langsam, und hier sollten beispielsweise das Wind-an-Land-Gesetz, der Ausbau der Photovoltaik und die Beseitigung von Genehmigungshemmnissen für Erneuerbare Abhilfe schaffen.

Zum Abschluss ihres anschaulichen Kurzvortrags warb Chantal Kopf für dreitägige Berlinfahrten für Schulklassen und andere Besuchergruppen mit Besuch des Bundestags, einem Gespräch mit ihr und anderen spannenden Terminen.

Es folgten viele Fragen der Anwesenden zu ganz unterschiedlichen Themen:

Ein Fragenblock bezog sich auf die Rolle der GRÜNEN in der Koalition: Die GRÜNEN verzeichneten aufgrund des Ukrainekrieges viele Mitgliederaustritte, das Tempolimit käme nicht voran, die Laufzeit von Kernkraftwerken sei verlängert worden: Welche Strategie hätten die GRÜNEN auf Bundesebene, um hier entgegenzuwirken? Hier konterte Kopf „Das sieht z. B. die FDP anders; wir GRÜNEN würden uns immer durchsetzen.“ Es laufe viel – siehe oben – doch die Argumentation in den sozialen Medien müsse noch schlagkräftiger werden. „Und wir müssen das Kanzleramt anpeilen, dann kann man noch mehr erreichen.“

Ein Teilnehmer bemängelte, dass EU-einheitliche Strukturen z. B. beim Arbeitnehmerrecht tendenzielle eine Verflachung der deutschen Standards zur Folge hätten. Hier sieht Kopf Besserung: Eine EU Mindestlohnrichtlinie werde derzeit erarbeitet, doch es müsse noch bessere Kontrollen vor Ausbeutung innerhalb der EU geben.

Viele Fragen betrafen die Energiepolitik. Auch wenn Deutschland wohl gut durch diesen Winter komme, wie sehe die Strategie für 2023/24 aus? Hier stimmte die Bundestagsabgeordnete zu: Die fast vollen Gasspeicher und die Energiesparanstrengungen der Betriebe und Privathaushalte sorge für eine relativ entspannte Lage. Sollten die Atomkraftwerke in Frankreich 2023 nicht wieder ans Netz gehen könne es schwierig werden. Wichtig sei, dass die Flüssiggasterminals möglichst schnell in Betrieb gingen. Und auch bei der Energieversorgung helfe die Solidarität innerhalb Europas.

Eine konkrete Frage bezog sich auf Photovoltaik auf Baggerseen, wie sie die Gemeinde Durmersheim plant. Warum sei das nur auf maximal 15% der Wasseroberfläche zulässig? Chantal Kopf stimmte zu; die bürokratischen Hürden müssten fallen, das sein wegen der Zuständigkeit verschiedener Ministerien – Umwelt, Wirtschaft – nicht einfach. Hier ergänzte der Landtagsabgeordnete Hans-Peter Behrens: Die GRÜNEN wollten das Thema Floating-Photovoltaik vorantreiben und hätten die beteiligten Ministerien bereits angeschrieben.

Söder profiliere sich derzeit auf Kosten der GRÜNEN, so ein Teilnehmer. Obwohl die südlichen Bundesländer deutlich mehr Strom verbrauchten als sie produzierten blockiere Bayern die Südlink-Stromtrasse. Warum gäbe es hier keine Konfrontation mit Bayern? nopf stimmte grundsätzlich zu, wies auf die klaren Ansagen der Bayerischen GRÜNEN zu diesem Thema hin und drückte die Hoffnung aus, dass irgendwann die Einsicht reife, dass die Energiekrise auch den Wirtschaftsstandort Bayern schwäche.

Wäre nicht die Umsetzung der Idee einer „EU der unterschiedlichen Geschwindigkeiten“ sinnvoll, um die Saboteure im Osten der EU zu befrieden? Durch die unterschiedlichen
Integrationstiefen, die von EU-Mitglieder mit und ohne Euro über die verschiedenen Stufen von Beitrittskandidaten führten sei diese Idee bereits verwirklicht, so Chantal Kopf. An einer solidarischen Flüchtlingsverteilung und einer gemeinsamen Klimapolitik in der EU werde gearbeitet.

Auf die Frage, ob nicht gerade Städtepartnerschaften den europäischen Gedanken stärken würden und wie hier kleinere Kommunen unterstützt werden könnten, wies Kopf auf ein Programm des Auswärtigen Amts hin. Sie werde dort nachfragen und entsprechende Informationen weiterleiten.

Den Abschluss bildete die Frage nach einer Verkleinerung des Bundestags. Die Wahlrechtsreform werde diskutiert, antwortete Chantal Kopf. Eine Lösung sei verfassungsrechtlich schwierig, auch eine Vergrößerung der Wahlkreise bringe Probleme. Ein Negativbeispiel sei das Europaparlament, in dem die Wahlkreise die Bundesländer und damit riesig sind.

Damit endete ein spannender Abend, an dem Chantal Kopf deutlich machte: Die GRÜNEN sind nun Teil der Bundesregierung und gehen beherzt auch die „großen Linien“ an.

 

Susanne Thiemet, 06.11.2022

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